2.08.2013 15:31 Uhr

12 Prozent buchstäblich abgehängt – Verband und Wahlexperte wollen mehr Durchblick verschaffen



Wählen - als funktionaler Analphabet doppelt knifflig!

Die in 50 Tagen stattfindende Bundestagswahl 2013 ist für jeden Wahlberechtigten frei, gleich und geheim. So sieht es das Grundgesetz vor. Klingt in der Theorie gut! Doch wie sieht es in der Praxis für 7,5 Millionen funktionale Analphabeten aus? Sie stehen vor einer wichtigen Entscheidung und haben einige Herausforderungen zu bewältigen:

  • Umfangreiche Informationen des Wahlzettels müssen eigenständig entschlüsselt werden, eventuell wird ein Kreuz gesetzt, ohne genau zu wissen, ob man das gewählt hat, was man auch wählen wollte.
  • Wählen, ohne zu wissen, was in den Wahlprogrammen zum Ausdruck kommt.
  • Der Tagespresse vor der Wahl politische Informationen entnehmen, die im Hinblick auf die Wahlentscheidung von Bedeutung sind.

All dies ist schwer bzw. oft nicht zu bewerkstelligen für Erwachsene, die nicht ausreichend lesen und schreiben können – dies sind mindestens 12 % der 61,8 Millionen Wahlberechtigten. Der Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung e.V. schaltet sich auch im Wahljahr 2013 ein und fragte bei den Parteien ihre politische Positionen ab. Die frisch eingetroffenen Antworten stellt er Lehrenden und Lernenden, beispielsweise in Alphabetisierungskursen, als Diskussions- und Lernmaterial zur Verfügung.

Wahlexperte Jörg Schönenborn brachte sich ein und gab den Fragen den letzten Feinschliff

Unterstützt vom ARD-Wahlexperten und WDR-Chefredakteur Jörg Schönenborn hat der Bundesverband Wahlprüfsteine entwickelt. Jörg Schönenborn beriet den Verband bei der Auswahl der wahlentscheidenden Themen. Zum Stellenwert der Prüfsteine meint er: „Wähler sollten nicht nur nach Köpfen und Parteifarben entscheiden, sondern auch auf die Inhalte schauen. Die Initiative, leicht verständliche Informationen bereitzustellen, kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten.“

Die Wahlprüfsteine sind in zwei Themenkomplexe aufgeteilt:
Im ersten Themenkomplex geht es um Fragen, die viele Menschen beschäftigen, z.B.: „Was tut Ihre Partei dafür, dass es mir in Zukunft trotz Finanzkrise nicht schlechter geht?“ Die Antworten der Parteien sind leicht verständlich formuliert.
Im zweiten Themenkomplex äußern sich die Parteien dazu, was sie nach der Wahl für die Alphabetisierungsarbeit in Deutschland tun wollen.

Die Initiative des Bundesverbandes, zur Bundestagswahl 2013 erneut die Wahlprüfsteine zu formulieren, wurde federführend von Andreas Brinkmann und Tim Tjettmers des BMBF-geförderten Projekts RAUS übernommen. Es informiert über gelungene Alphabetisierungsangebote im Strafvollzug, entwickelt Motivations- und Lernkonzepte, erstellt Lernmaterialien und veröffentlicht seine Ergebnisse und Materialien unter www.raus-blick.de. Die durch die Wahlprüfsteine gewonnenen Ergebnisse werden im Materialienpool veröffentlicht, damit Strafgefangene mit Lese- und Schreibschwierigkeiten sowie Lehrende diese nutzen können.

Alle Informationen zu den Fragen an die Parteien, deren Antworten und eine Synopse der jeweiligen Positionen finden Sie hier.


Informationen

Am 01. Juli 2015 fand die RAUS-Fachkonferenz "Alphabetisierung und Grundbildung im Strafvollzug " im Sofitel Berlin Kurfürstendamm statt. Zur Dokumentation gelangen Sie hier.

Kostenlose Schulungen für Multiplikatoren aus den Bereichen Strafvollzug und Straffälligenhilfe durch. Mehr Informationen hier.

Zum Welttag des Buches 2015 wurde der Materialienpool veröffentlicht. Zum Materialienpool gelangen Sie hier.

Aktuelle Termine des Projekts RAUS finden Sie hier.