8.05.2014 16:50 Uhr

Alphabetisierung auf dem Deutschen Präventionstag

Wege zur Schrift für Straffällige


Auf dem diesjährigen Deutschen Präventionstag, der im Kongresszentrum Karlsruhe am 12. und 13.05. stattfindet, präsentiert sich das RAUS-Projekt in der Stadthalle (Foyer EG, Standnummer: 20) gemeinsam mit seinem Kooperationspartner, dem Fachverband für Soziale Arbeit, Strafrecht und Kriminalpolitik (DBH). Die Akteure appellieren an die Öffentlichkeit, für Straffällige durch Alphabetisierung Chancen und Perspektiven zu schaffen, um ihnen die Wiedereingliederung in Gesellschaft und Arbeitswelt zu erleichtern. Am 13.05, um 10 Uhr (Stadthalle, Raum 1.28) gibt es zudem die Möglichkeit sich in dem Vortrag „Alphabetisierung von Straffälligen – Chancen für Lehrende und Lernende“ über das Projekt zu informieren und ins Ge-spräch zu kommen.


In Deutschland leben 7,5 Millionen Erwachsene – 14,5 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung –, die große Schwierigkeiten im Lesen und Schreiben haben. Hochge-rechnet sind dies in Baden-Württemberg 980.000 und in Karlsruhe 27.000 Personen. Sie können nur einzelne Sätze lesen und schreiben, aber keine zusammenhängenden Texte. Ihnen fällt es schwer, Verträge zu lesen und zu verstehen, Bewerbungen zu schreiben oder sich an fremden Orten zu orientieren. Aus Scham vermeiden sie Situationen, in denen sie lesen und schreiben müssen – dies hat direkten Einfluss auf den beruflichen und privaten Alltag.


Für schreib- und leseunkundige Straffällige ergibt sich dabei eine besondere Prob-lemlage: Stigmatisiert mit der Straftat, oftmals gekennzeichnet durch Unterqualifika-tion und in einem eingeschränkten sozialen Netzwerk verankert, sind die Vermitt-lungschancen von Strafentlassenen dramatisch gering und die Gefahr der Strafrück-fälligkeit deshalb hoch.


Die Haftzeit bietet eine Möglichkeit für Betroffene, ihre Schriftsprachdefizite zu ver-ringern um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, nach Haftende einer Beschäftigung nachgehen zu können und somit die Rückfallquote zu senken. 90% der Strafentlas-senen gelangen direkt in die Arbeitslosigkeit und sind somit wieder von Staat und Sozialleistungen abhängig. Ein Beschäftigungsverhältnis nach Haftende mindert das Risiko einer Rückfälligkeit deutlich. Hier sind funktionale Analphabeten besonders benachteiligt, da ihnen aufgrund mangelnder Schriftsprachkompetenzen die für die Berufswelt nötigen Basisqualifikationen fehlen.

Lesen und Schreiben spielen für die Resozialisierung eine bedeutende Rolle!
Um Perspektiven und Chancen von Alphabetisierung aufzuzeigen, stellt der Bun-desverband Alphabetisierung und Grundbildung auf dem 19. Deutschen Präventi-onstag ein besonderes Vorhaben vor: Mit dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt RAUS soll der fachliche Austausch der Justizak-teure und der Lehrenden im Strafvollzug aufgenommen und Möglichkeiten aufge-zeigt werden, diesem ausweglos erscheinenden Dilemma zu entkommen. RAUS setzt sich dabei nachdrücklich für Resozialisierung durch Alphabetisierung und Übergangsmanagement für Straffällige ein.


Animierende Gewinnspiele in der Form von Bilder- und Worträtseln sollen dem RAUS-Projekt im Kontext von „Alphabetisierung mit Straffälligen“ die gebührende Aufmerksamkeit verschaffen. Infomaterialien zeigen Möglichkeiten auf, wie Betroffe-ne und Angehörige, Justizakteure und Lehrende den speziellen Herausforderungen erfolgsversprechend begegnen können.


RAUS-Projektleiter Tim Tjettmers meint: „Wer schreiben und lesen kann, kann zahl-reichen Herausforderungen, die einem nach seiner Haftentlassung begegnen, besser meistern. Alphabetisierung ermöglicht ihm in der Gesellschaft erfolgreicher zu-rechtzukommen, selbstbestimmt und eigenverantwortlich zu agieren und in neuen geordneten Strukturen zu leben.“


Menschen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten und ihre Angehörigen finden beim ALFA-TELEFON unter der kostenlosen Nummer 0800/53 33 44 55 Beratung und In-formationen über ortsnahe Lernmöglichkeiten. Im Internet: www.alfa-telefon.de .

Kontakt:
Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung e.V.
Projekt RAUS
Tim Tjettmers (Projektleiter)
Berliner Platz 8-10, 48143 Münster
Telefon: 0251.49 09 96-41
Mobil: 0177.14 75 778
E-Mail: t.tjettmers@alphabetisierung.de
www.raus-blick.de


Informationen

Am 01. Juli 2015 fand die RAUS-Fachkonferenz "Alphabetisierung und Grundbildung im Strafvollzug " im Sofitel Berlin Kurfürstendamm statt. Zur Dokumentation gelangen Sie hier.

Kostenlose Schulungen für Multiplikatoren aus den Bereichen Strafvollzug und Straffälligenhilfe durch. Mehr Informationen hier.

Zum Welttag des Buches 2015 wurde der Materialienpool veröffentlicht. Zum Materialienpool gelangen Sie hier.

Aktuelle Termine des Projekts RAUS finden Sie hier.